Der Radweg startet offiziell am alten Verkehrsministerium in Bonn, nahe der Rheinaue, einer großzügigen „grünen Lunge“ am Rhein. Das Gebäude ist ein unscheinbarer Zweckbau, der weder etwas hermacht noch ist die Gegend für Radtouristen, die Bonn erkunden wollen, auch nur im Entferntesten interessant.
Der Start in Bonn macht wenig her
Ich habe also eine -unabhängige- Erkundungsreise zum Robert-Schumann-Platz (Heimat des Verkehrsministeriums) unternommen, um den Umweg über Bonn beim eigentlichen Start meiner Reise zu vermeiden. Nach längerem Suchen und intensiver Befragung des Pförtners fand ich die „Radstätte“, so heißen die an der Strecke verteilten Info-Stützpunkte (meistens auch mit einer Lademöglichkeit für E-Biker). Sehr versteckt in einer Ecke fristet sie ein „Mauerblümchen“-Dasein, zumal das Terminal mit Touchscreen kaputt oder nicht in Betrieb ist. Dieser Einstieg war also suboptimal, doch zum Glück kann man den Weg zum Rhein auch ohne weitere Infos einfach finden.
Hier geht es an der Rheinpromenade ein langes Stück nach Süden. In meinem Fall bis Remagen. Remagen ist ein recht schmuckes Städtchen am Mittelrhein. Hier wurde der Rennfahrer Rudolf Caracciola 1901 geboren, die bekannte Apollinaris-Kirche im neugotischen Stil steht oberhalb des Rheintals und die Rheinpromenade hat in den letzten Jahren gewonnen.
Friedensmuseum in Remagen
Im 2. Weltkrieg hatte Remagen eine traurige Berühmtheit erlangt, hier stand die „Brücke von Remagen“ oder die Ludendorffbrücke als Verbindung zwischen dem linksrheinischen Remagen und dem rechtsrheinischen Erpel. Diese Querung über den Rhein war ein wichtiger Nachschubweg der Deutschen entweder an die Westfront oder später auf dem Rückzug nach Osten. Nachdem die Alliierten im Juni 1944 in der Normandie gelandet waren und schnellstmöglich Richtung Berlin vorstoßen wollten, gab es einige wichtige Brückenverbindungen, die unbedingt eingenommen werden sollten. Eine davon war die Brücke bei Remagen. Den Amerikanern gelang die Eroberung der Brücke Anfang März 1945, obwohl die Deutschen noch versucht hatten, die Brücke zu sprengen. Sie war zwar durch die Kriegshandlungen und Sprengversuche beschädigt worden, aber bis zu ihrem endgültigen Einsturz am 17. März 1945 schafften die Amerikaner 18 Regimenter und viel schweres Gerät über die Brücke. Es gab angeblich Pläne der Amerikaner, die erste Atombombe nicht in Japan abzuwerfen, sondern im Ruhrgebiet, wenn sie die Brücke nicht hätten einnehmen können. 1969 kam der amerikanische Kriegsfilm „Die Brücke von Remagen“ ins Kino; der Film schildert in freier Form die Geschehnisse um die Brücke im März 1945.
Heute ist auf der linksrheinischen Seite seit 1980 in den Brückentürmen das „Friedensmuseum“ beheimatet. Ein Schwerpunkt der Ausstellung erinnert an den Bau, die Eroberung und die schweren Kämpfe im Brückenkopf, an denen deutsche, amerikanische, belgische und englische Soldaten beteiligt waren. Auf der rechtsrheinischen Seite ist im alten Tunnelbauwerk unterhalb der Erpeler Ley das Tunneltheater zuhause.
Während ich ein paar Fotos am Museum mache, stellte ein Pärchen seine Räder im Schatten ab und ließ sich zu einer kleinen Pause nieder. Es sind Siggi and Angela aus Berlin. Die beiden hatten gerade ihre 2 1/2-wöchige Tour in Bonn begonnen und wollten an diesem Tag mindestens bis Koblenz kommen, wenn nicht sogar noch ein Stückchen die Lahn entlang fahren. Woran erkennt man denn „Bonn-Berlin-Radler“? Immer schön schauen, ob sich irgendwelche Wimpel, Fähnchen, Sticker usw. am Rad befinden, die Auskunft über das Vorhaben geben könnten. Bei ihnen waren es zwei kleine Sticker von Bonn und Berlin. Es war ein angeregtes Plaudern mit ihnen, da mich ihr Vorhaben natürlich sehr interessierte, weil ich doch einige Zeit später in dieselbe Richtung aufbrechen würde.
Up-date zur kleinen Brücke an der Ahrmündung bei Remagen-Kripp: beim katastrophalen Ahrhochwasser im Juli 2021 ist die Brücke an der Ahrmündung weggerissen worden. Darum müssen alle Radtouristen entweder einen Umweg über Sinzig machen oder die Rheinfähre in Remagen-Kripp nehmen, um auf der anderen Rheinseite weiterzufahren (die Fähre hat allerdings erst ab mittags Betrieb). Der rechtsrheinische Radweg ist deutlich besser als die „Berg- und Talfahrt“ über den Rheinuferweg nach Bad Breisig. Eine gute Nachricht habe ich vorgestern erfahren, denn gerade wurden die Arbeiten zum Neubau der kleinen Brücke aufgenommen. Bis Ende des Jahres soll die Strecke wieder befahrbar sein.
Zwei Punkte auf meiner Sightseeing-Liste sind damit jedoch schon erledigt. Und zu Hause türmt sich ein schöner Berg an Klamotten, elektronischen Gerätschaften und anderem Kram, der einigermaßen sinnvoll in den Packtaschen verstaut werden soll.
Hier geht es mit der ersten Etappe nach Nassau weiter.
PS: Die Beiden haben mir vor ein paar Tagen geschrieben, dass sie tolle Erlebnisse auf der Tour gehabt hätten und gut in Berlin angekommen wären.
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