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Radweg Deutsche Einheit – Etappe 15: Das Ende ist nahe

57 Km – 🡭 200 m – 🡮 160 m

Für mich war die letzte Etappe angebrochen, da sich nach einem gemeinsamen Frühstück in Potsdam unsere Wege wieder getrennt hatten. Mein Sohn fuhr nach Berlin zurück, ich selbst radelte Richtung Westen, um im Örtchen Niemegk meine Frau zu treffen.

Es waren gemütliche Kilometer, weil sich der elende Gegenwind der letzten Tage in einen beflügelnden Rückenwind verwandelt hatte. Zwar war viel Volk entlang der Seen unterwegs, doch kurz hinter Ferch, wenn man in die langen Chausseen der brandenburgischen Wälder einbiegt, wurde es still und lauschig. Der Flämig lädt wirklich zu ausdehnten Touren ein, bei denen Naturbeobachtungen ganz oben auf der Liste stehen, um das Fotografenherz höher schlagen zu lassen. Ich wollte es anscheinend noch einmal genau wissen, denn Komoot bot mir eine Abkürzung an, zumindest sah es auf der Karte so aus. Diese „Abkürzung“ führte mich – wie bei einer Hypotenuse eines Dreiecks – auf kürzestem Weg nach Borkheide. Aber merke: nicht immer ist der kürzeste Weg auch der beste! Der jahrhundertealte Spruch von Brandenburg als „der des Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse“ wurde sehr drastisch wahr, weil der Weg durch tiefe Sandfurchen führte, nicht angenehm zu fahren oder gar zu lenken. Irgendwann erreichte ich Borkheide und konnte endlich auf die richtige Bahnseite mit dem asphaltierten Radweg wechseln.

ONTRAS Gaspumpstation
Eine Gaspumpstation von Ontras – südlich von Berlin
Streusandbüchse Brandenburg - Radweg der deutschen Einheit
Das „Letzte“

Hier nutzte ich die verbliebenen ein, zwei Stunden über meine Tour durch Deutschland nachzudenken. Ich war auf den Gedanken dieser West-Ost-Tour durch mein Abenteuer am Grünen Band gekommen. „Radweg der Deutschen Einheit“ klingt großartig und ergänzt die Süd-Nord-Durchquerung von Deutschland entlang des Grünen Bandes. Es waren schöne und interessante zwei Wochen, denn Wetter, Landschaften, Sightseeing und Bekanntschaften passten. Allerdings blieb ein schales Gefühl, da der Radweg bei seiner Einweihung im Jahre 2014 vom Verkehrsministerium als „Themenreise für geschichtsbegeisterte Radfahrer auf den Spuren der deutschen Einheit“ gefeiert wurde. Um modern und „digital“ zu wirken, wurden bislang mehr als 20 Radstätten entlang der Strecke eingerichtet. Diese Servicestationen sollen zum kurzen oder auch längeren Stopp einladen; hier bekommt man Informationen zum jeweiligen Ort, kann das Handy oder den Fahrradakku aufladen sowie übers WLAN ins Internet kommen. Das -tatsächlich- schicke Design der Radstätten wurde vom Verkehrsministerium vorgegeben, die jeweiligen Kommunen sind jedoch für die Aufstellung und den Unterhalt verantwortlich. Da liegt der Hase im Pfeffer, denn so manche der Radstätten liegt laut und/oder ungünstig, nicht immer einfach zu finden und manche dienen der örtlichen Jugend als Treffpunkt mit Stromanschluss für den Gettoblaster. Vielerorts funktionierten außerdem die Touchscreens für die Informationen nicht. Diese Mängel mögen nicht an der Radstätte als solcher liegen, sondern am Willen oder Gespür der beteiligten Städte und Kommunen sowohl einen guten Ort auszusuchen als auch für die regelmäßige Kontrolle zu sorgen. Dennoch: die Idee ist gut, zum Verweilen, zum Auftanken und auch zum sicheren Unterstellen der Räder inkl. des Gepäcks. Vier dieser Punkte haben mir persönlich besonders gut gefallen: gleich zu Beginn meiner Tour in Nassau (mit Boxen zum Unterstellen), dann in Kassel (ebenfalls mit Boxen zum Unterstellen) – direkt am Schwimmbad und Haltestelle für den Bus in die Stadt, kurze Zeit später die Radstätte Fuldatal (sehr idyllisch an einer Fuldaschleife gelegen) und schließlich beim Kloster Michaelstein (nahe Blankenburg).

Kommen wir zum Punkt der Themenreise für geschichtsbegeisterte Radfahrer zurück. Bonn und Berlin als Anfangs- und/oder Endpunkt spielen in der bundesrepublikanischen Geschichte natürlich eine wichtige Rolle. Die alte und neue Hauptstadt – das provisorische Hauptstädtchen am Rhein, das hat natürlich das Zeug für die zentralen Eckpunkte der jüngeren deutschen Geschichte. Aber, und da ist ein großes Aber: bis auf wenige Ausnahmen gibt es unterwegs nichts, was an die „Deutsche Einheit“ im engeren Sinne erinnert. Der gesamte Tourenverlauf folgt bekannten Rad(fernwander)wegen, meistens an Flüssen entlang, hier und da sind Steigungen zu bewältigen, die angenehmerweise häufig auf alternativen Routen vermieden werden können. Würden wir das Kind „Fernradweg Bonn – Berlin“ nennen, wäre das perfekt. Mit der Bezeichnung „Radweg der Deutschen Einheit“ wird die Erwartungshaltung kräftig hochgeschraubt und entsprechend sieht dann die Fallhöhe für die Enttäuschung aus.

Ich gebe zu, dass ich durch meine Radtour einige Städte und Gegenden entlang der Strecke besser kennengelernt habe. Um nur einige Beispiele zu nennen: die quirligen Innen- oder Altstädte von Limburg und Wetzlar, die bunten Fachwerkstädte im Harz, das spannende Gelände von Ferropolis und schließlich die geruhsamen Radwege durch den Fläming. Das hat alles „irgendwie“ mit der deutschen Geschichte zu tun, aber eben nicht mit der deutschen Einheit. Wen das nicht stört und wer eine recht geruhsame Tour von Bonn nach Berlin oder umgekehrt fahren will, wird auch so seinen Spaß finden – deutsche Einheit hin oder her. Was mich erstaunte, waren die Antworten, wenn ich unterwegs andere Radler/innen traf und nach dem „Radweg der deutschen Einheit“ fragte: Was würde ich meinen? Nein, sie führen auf dem Lahnradweg, auf dem Rotkäppchenweg, wo-auch-immer, aber nur ganz selten waren welche bewusst auf dem Weg zwischen der ehemaligen und der aktuellen Hauptstadt unterwegs.

Radweg der deutschen Einheit - Gesamtstrecke von Bonn nach Berlin
Radweg deutsche Einheit – Gesamtstrecke

Dieser Wermutstropfen ist jedoch im Vergleich zum Vergnügen einer langen Radtour über 2 Wochen nur minimal, denn auch hier gilt ja bekanntlich: der Weg ist das Ziel.

Nach einer Nacht in Niemegk sind wir zurück nach Dessau und haben dort unmittelbar am Radweg der deutschen Einheit in einem besonderen Ferienhaus eine tolle Abschlusswoche verleben können. Die Schlösserverwaltung des Gartenreiches Dessau-Wörlitz hat ein paar außergewöhnliche Objekte in ihrem Bestand – wir hatten uns für den „Elbpavillon“ im OT Ziebigk entschieden. Dieses Gebäude war 1792 vom Fürsten Franz von Anhalt-Dessau erbaut worden und diente am Flussufer der Elbe als Beobachtungsposten des Hochwasserschutzsystems. 2001 wurde das Gebäude komplett nach alten Vorlagen restauriert und bietet seither Gästen ein unvergleichliches Wohngefühl über 4 Etagen.

Damit geht mein Reisebericht über die Fahrt von B nach B zu Ende. Wer mag, kann mich gerne kontaktieren – ich wünsche allen „Nachfahrenden“ Hals- und Speichenbruch sowie viel Spaß beim Entdecken.

Elbpavillon Gartenreich Dessau
Unser Feriendomizil im Gartenreich: Elbpavillon

Hier kommen noch einige Impressionen vom wunderhübschen Gartenreich Dessau-Wörlitz.

Gartenreich Dessau Wörlitz
Blick von der Wallwitzburg auf die Elbe
Gartenreich Dessau Wörlitz
Vockeroder Tor im Sieglitzer Park
Gartenreich Dessau Wörlitz
Elbdamm im Sieglitzer Park
Gartenreich Dessau Wörlitz
Schloss Wörlitz
Gartenreich Dessau Wörlitz
Gotisches Haus im Gartenreich
Gartenreich Dessau Wörlitz
Pantheon Schlosspark Wörlitz
Gartenreich Dessau Wörlitz
Schlangenhaus im Park Luisium
Gartenreich Dessau Wörlitz
Mausoleum der Fürstenfamilie
Gartenreich Dessau Wörlitz
Ruinenbrücke im Park Georgium
Gartenreich Dessau Wörlitz
Blick auf das Schloss Georgium
Gartenreich Dessau Wörlitz
Venustempel im Wörlitzer Park
Dessau Bauhaus
Das Kornhaus am Flussufer der Elbe: Bauhaus-Ikone

 

Veröffentlicht in Allgemein

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