85 Km – 🡭 400 m – 🡮 400 m
Highlights auf der Strecke
- Deutsches Eck
- Ehrenbreitstein
- Schleuse Lahnstein
- Ruppertsklamm
- Radstätte Nassau
Übernachtung: B&B Mediterran, Nassau (2: Zimmer gut, leider laute Straße unterm Fenster)
Heute ist es also so weit: der kleine Ausflug mit dem Fahrrad Richtung Berlin kann beginnen. Stimmung 1A, Wetter tipptopp, Aussichten sind für die kommende Zeit ebenfalls gut, die Packtaschen sind gut beladen, wahrscheinlich würde ich einiges gerne nach zwei, drei Tagen loswerden – aber das ist immer so 😉
Wer nicht lesen kann, kann es auch hören…
Auf los geht es los
So fühlte ich mich heute früh, als mein Wecker gegen 7 Uhr klingelte – und zwar hartnäckig. Die meisten Vorbereitungen waren zwar getan, aber wenn man längere Zeit weg ist, möchte ich es bei der Rückkehr nach Hause „schön“ haben. Nach einem ausgiebigen Frühstück und dem letzten Check der wichtigsten Reiseutensilien machte ich meine Packtaschen reisefertig und bekam sogar auf Anhieb alles richtig ans Rad. Mit den Nachbarn noch den letzten Tratsch ausgetauscht und dann verabschiedet. Die Schwerkraft erledigte den Rest, denn es ist wirklich genial nur ein paar Schritte von seiner Haustür entfernt vom Objekt der Begierde zu wohnen und das noch oberhalb des Weges. Erpel ist ein hübsches kleines Örtchen, was außer drei Gaststätten und einem Bäcker, der nur Freitag bis Sonntag arbeitet, nichts weiter hat. So geht es leider vielen Orten im Rheintal, wo ein stetiger Niedergang zu erleben ist, der anscheinend nicht oder nur selten gebremst werden kann.
Ab durchs Rheintal: nicht aufregend, aber sehr gemütlich
Bis nach Koblenz passiert auf der Route wenig: ein bisschen Weinbau, Orte mit viel Leerstand in der Hauptstraße und natürlich der Rhein, der dieses Jahr unter extremem Niedrigwasser leidet. Die Fahrrinne ist sehr schmal geworden und die Schiffe können nur ein Bruchteil ihrer normalen Fracht aufnehmen.
Hinter Neuwied habe ich Edeltraut getroffen, eine rüstige Pensionstin in den End-70er, die mit ihrem E-Bike noch weiter nach Spay radeln wollte. Sie fuhr sehr beherzt und griff gerne zur Klingel oder gab Kommandos, wenn andere Radler oder Fußgänger was anderes im Sinn hatten wie Edeltraut. Plaudernd vergeht die Zeit immer schnell, so hatten wir bald Koblenz erreicht, wo sie die Brücke nahm und ich auf das kleine Fährbötchen wartete, welches ich schon als kleiner Junge mit meinen Eltern benutzt hatte.
Das Deutsche Eck in Koblenz
So kommen wir auch schon zu dem ersten Highlight der Strecke: das Deutsche Eck kennen vermutlich die meisten am Zusammenfluss von Mosel und Rhein. Doch eigentlich geht es am Deutschen Eck um das monumentale Reiterstandbild des ersten deutschen Kaisers, Wilhelms I.
Das Denkmal sollte an die Gründung des deutschen Reiches im Jahre 1871 erinnern – und an drei Kriege unter der Führung von Wilhelm I. Es gibt von Kurt Tucholsky ein wunderbares Schmähgedicht, welches den kriegerischen Ausdruck bissig aufs Korn nimmt. Im März 1945 wurde das Denkmal durch amerikanischen Artilleriebeschuss unrettbar beschädigt, so dass der Sockel bis 1993 ohne den reitenden Kaiser auskommen musste. Im Jahr 1953 wurde der Sockel zu einem „Mahnmal der deutschen Einheit“ umfunktioniert. Nach der Wiedervereinigung konnte das Reiterstandbild durch eine private Spende neu geschaffen werden und wurde im September 1993 feierlich eingeweiht. Viel länger schon als das Denkmal überragt jedoch die Festung Ehrenbreitstein auf der anderen Rheinseite das Rheintal. Das heutige Gesicht erhielt die Ehrenbreitstein durch das preußischen Militär; sie wurde zu einer der größten Festungsanlagen in Deutschland ausgebaut. Das Bizarre an dieser Sache ist, dass sie in den vergangenen 175 Jahren nie eine praktische militärische Bedeutung hatte, da sich Kriegsführung und -technik stark gewandelt hatten. Heute sind u.a. ein Museum und die Jugendherberge dort untergebracht. Außerdem gibt es jedes Jahr das wundervolle Festungsleuchten, wo die riesenhohen Mauern als Projektionsfläche für fantatsievolle Lichtspektakel genommen werden – sehenswert!
Weiter ging es dann zur Lahnmündung südlich von Koblenz.
Nach links ins Lahntal abbiegen
Hier verändert sich die Charakteristik der Route, denn das Lahntal ist wesentlich heimeliger, wenn auch am Wochenende viele Menschen auf dem schmalen Radweg unterwegs sind. Bis Nassau, wo ich heute übernachte, standen drei Besichtigungspunkte auf meiner Liste: Ruppertsklamm, die „Alte Zentrale“ und die Talstation der Malbergbahn – die beiden letztgenannten befinden sind Bad Ems. Dabei ist die Klamm besonders sehenswert – eine schmale Felsrinne kann auf einer Länge von 1.200 m beklettert werden – mit einem Höhenunterschied von 230 m, nichts für Warmduscher (die ab jetzt sowieso nicht mehr geben wird). Das ist eine schroffe Felsformation, durch die sich seit Millionen von Jahren der kleine Michelsbach einen steilen Weg zur Lahn herunter gefräst hat.
Die beiden anderen Punkte auf meiner Liste waren mittelpächtig interessant. Die „Alte Zentrale“, eine schöner Industriebau aus dem 19. Jahrhundert, beherbegt heute Lidl und Rossmann – die Talstation der Malbergbahn wurde zu einem Cafe umgebaut, welches jedoch schon um 17 Uhr schließt. Ansonsten ist Bad Ems ein typisches Puppenstuben- und Kurstädtchen – immer noch mit dem Charme von früher (der europäische Hochadel gab sich die Klinke am Kurhaus in die Hand) und gleichzeitig sachte Versuche, nicht den Anschluss an neue Kundengruppen und die Zeit zu verlieren.
Wer eine gediegene Kurstadt-Atmosphäre sucht, ist hier jedoch genau richtig. Heute war ich weder in Stimmung für eine Kuranwendung noch hatte ich die richtigen Klamotten für die Spielbank, darum ging es die letzten Kilometer nach Nassau weiter. Ich wollte herausfinden, was es mit dem „nassauern“ auf sich hat.
Und in Nassau habe ich auch meine erste Radstätte entdeckt und war sehr positiv überrascht: hübscher kleiner, gemütlicher Park, abschließbare Boxen für Räder oder Akkus plus Stromanschluss und WLAN. Auch der Touchscreen funktionierte – ein guter Ort, um das nach-dem-Abendessen-Eis zu genießen.
Hier geht es mit der 2. Etappe bis Löhnberg weiter.
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