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Berliner Mauerweg – Teil 1: Bornholmer Straße bis Dallgow-Döberitz

Berliner Mauerwegstour in drei Tagen

Die Corona-Pandemie köchelte im Spätsommer 2020 zum Glück eher leise vor sich hin (und gleichzeitig hatten wir damit in Deutschland die effektive Bekämpfung vergeigt). Die Inzidenz-Zahlen waren niedrig – viele Menschen hielten diese scheinbare Sicherheit und das kölsche Motto „Et hätt noch immer jot jejange“ für die absolute Wahrheit. Ehrlich gesagt:  das war unser Glück, denn so konnten wir relativ unbeschwert eine 3-Tages-Tour um das ehemalige Westberlin planen, Unterkünfte buchen und die Außengastronomie bei durchweg gutem Wetter genießen. Die Hotels waren damals – wieder oder noch – offen, im Gegensatz zum folgenden Lockdown, der von November 2020 bis weit ins Frühjahr 2021 (oder gar noch länger) reichte.

Die Gesamtstrecke des Mauerwegs hatten wir in drei überschaubare Abschnitte aufgeteilt. Damit auch für eine gemütliche Tour entschieden, um genügend Zeit zum Trödeln und Sightseeing zu haben.

Der Berliner Mauerweg wurde Anfang der 00er Jahre durch die Initiative eines alten Bekannten aus AL-Zeiten, Michael Cramer, ins Leben gerufen: ein Fahrrad-und Radtouren-Aktivist wie er im Buch steht. Der Berliner Senat griff seine Idee auf und damit wurden der Zollweg im Westen und der Kolonnenweg im Osten für die Streckenführung festgelegt.

Tag 1 – Mauerwegtour

Startpunkt: S-Bahn Bornholmer Str.
Zielpunkt: Hotel Sperlingshof, Dallgow-Döberitz (B5)
Länge: 58 Km
Highlights: Panketal, Grenzanlagen Frohnau, Grenzturm in Neuendorf, Laßzinsee

Mauerweg Tag 1 Berliner Mauerweg Komoot
Tag 1 der Tour über den Berliner Mauerweg

Nach einem ausgiebigen Frühstück in Friedenau (mit super-leckeren Brötchen von „Lula am Markt“) machten wir unsere Räder fertig, radelten zum Bundesplatz, um mit der Ringbahn bis zur „Bornholmer Str.“ zu fahren. Das war der eigentliche Ausgangspunkt unserer Radtour auf dem Mauerweg. Vor die Klammer gehört schließlich noch: wir haben uns nicht in jedem Abschnitt sklavisch an die authentische Routenführung gehalten, sondern Mauerweg mit Sightseeing und Abkürzungen/Umwegen kombiniert. Da es einmal im Kreis um das ehemalige Westberlin herumgeht, links oder rechtsrum, ist es im Grunde egal, wo man startet. Wenn man durchhält, sollte man ja immer zu seinem Ausgangspunkt zurückkommen.

Die zeitgeschichtlich so spannende Brücke am ehemaligen Grenzübergang „Bornholmer Straße“ bildete den Einstieg für die Mauerwegtour. Viele werden sich noch an den 9. November 1989 erinnern. An diesem Abend gingen genau hier die Grenzbarrieren zwischen Ost und West das erste Mal für den Besuch im Westen hoch. Ich schaue mir immer wieder gerne die Pressekonferenz mit dem Genossen Günter Schwabowski an, bei der er verkündet, dass das neue DDR-Reisegesetz ab „sofort und unverzüglich“ gilt. Damit und danach gab es kein Halten mehr: Die Grenze Richtung Westen war offen und der Zusammenbruch der DDR besiegelt.

S-Bahn Bornholmer Straße Mauerweg Berlin
Ausgangspunkt für den Mauerweg: S-Bahnhof Bornholmer Straße
Panketal Radtour Berlin
Gemütliche Stimmung an der Panke

Von der S-Bahn-Station fuhren wir ein Stück an der Panke entlang in Richtung Schloss Niederschönhausen. Der ursprüngliche Plan lautete, über Buch und Wandlitz einen ziemlich weiten Bogen zu fahren, um am Ende des Tages im nördlichen Stadtgebiet bei Frohnau auf den Mauerweg zurückzukehren. Das lange Frühstück hatte uns jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn wir waren viel zu spät losgekommen, um unser Zwischenziel in Dallgow einigermaßen stressfrei zu erreichen.

Jetzt aber: auf den Mauerweg

Daher blieb es bei dem kurzen Abstecher nach Niederschönhausen. Entlang der Panke verläuft auch der Radweg Berlin-Usedom. Wäre auch eine schöne Alternative gewesen, das sollte es heute jedoch nicht sein. Vor etlichen Jahrzehnten hieß die Panke im Volksmund noch „Stinke-Panke“, weil die Ledergerbereien entlang täglich zig Kilo Hundekacke brauchten und es nach Gebrauch ins Flüsschen kippten. Zum Glück hat sich das geändert und das Gebiet entlang der Panke ist heute ein geruhsames Stadterholungsgebiet geworden – mit kleinen Highlights wie Schloss Niederhausen, Schlosspark Buch (und das Stadtgut) oder den Karower Teichen.

Vom Schloss Niederhausen folgten wir der Mauerwegs-Markierung entlang der S-Bahn-Linie nach Norden raus: Wilhelmsruh, Waidmannslust, Hermsdorf, Frohnau. Das ist nicht wirkliches Genuss-Radeln, obwohl es vielfach über kleinere Sträßchen geht, jedoch überwiegend durch bebautes Gebiet. Häufiges Hoch- und Runterfahren an Kreuzungen strapaziert die drei A: Augen, Aufmerksamkeit und Arsch. Irgendwann auf der B 96 reichte es uns dann und wir haben am Edelhofdamm eine Abkürzung genommen, um das Buddhistische Haus wenigstens von außen anzuschauen. In den 1920er Jahren wurde diese Begegnungsstätte vom Berliner Arzt Paul Dahlke gegründet und später auch ein buddhistischer Tempel gebaut. Trotz wechselhafter Geschichte blieb es ein buddhistisches Zentrum, welches heute noch regelmäßig Meditationskurse anbietet.

Berliner Mauerweg Frohnau
Edelhofdamm in Frohnau
Berliner Mauerweg
Rast am Edelhofdamm in Frohnau

Endlich: Wald und Wiese

Von da aus führte die Strecke rasch durch Wald und Forst. Bemerkenswert ist hier der ehemalige Grenzturm in unmittelbarer Nachbarschaft zu Frohnau. Vor einigen Jahren hat die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald bzw. die „Waldjugend“ den Turm als waldpädagogisches Zentrum und Eventlocation ausgebaut. Nebenan ist eine kleine Gedenk- und Informationsstätte über die Grenzanlagen und zu den vier Menschen, die beim versuchten Grenzübertritt in diesem Gebiet erschossen worden waren. An diesem Tag feierte die JU mit netten Jungens im Polohemd und ebensolchen Mädchen mit Perlenkette und/oder Perlenohrringen.

Berliner Mauerweg Grenzturm Frohnau
Mauer-Gedenkstätte am Grenzturm in Frohnau
Berliner Mauerweg Grenzturm Frohnau
Grenzturm (Deutsche Waldjugend)

 

 

 

Berliner Mauerweg Grenzturm Frohnau
Open the gate!

 

Nach dieser kurzen Rast überquerten wir die vielbefahrene A111 südlich der Raststätte „Stolper Heide“ und erreichten schon kurze Zeit später die Havel. Hier folgt die Route über etliche Kilometer dem großen Eisenbahnwerk von Bombardier in Hennigsdorf. Das ist nicht pure Landlust, aber für Jungens sind Eisenbahnen, halbfertige Lokomotiven, Züge für Bahngesellschaften aus aller Herren Länder spannend und interessant. Inzwischen ist der kanadische Hersteller Bombardier durch den französischen Konkurrenten Alstom übernommen worden. Dadurch entstand der zweitgrößte Bahnhersteller der Welt. Das Werk in Hennigsdorf wiederum wurde teilweise an die Skoda Transportation verkauft. Die jeweiligen Eigentümer-Verhältnisse beeinträchtigen den Blick durch den Zaun entlang des Werkgeländes jedoch in keiner Weise.

Berliner Mauerweg Frohnau
Entspanntes Radeln über den Mauerweg
Berliner Mauerweg A 111 Raststätte Stolper Heide
Mauerweg führt über die A111

Südlich von Hennigsdorf erreicht man in Neuendorf einen der besterhaltenen Grenztürme entlang der Berliner Mauer; dort haben wir ebenfalls eine entspannte Rast eingelegt. Neben der kleinen Ausstellung zu den Grenzanlagen hat man einen schönen Blick über die Havel und zum nahen „West-Ufer“ hinüber. Genau aus diesem Grund war dieses Gebiet früher unter strengster Bewachung und trotzdem gab es immer wieder gelungene, aber leider auch tödlich verlaufene Fluchtversuche nach West-Berlin.

Berliner Mauerweg Grenzturm Nieder Neuendorf
Grenzturm Nieder Neuendorf an der Havel
Berliner Mauerweg Infotafel Nieder Neuendorf
Rast in Nieder Neuendorf

Nur eine kurze Wegstrecke später biegt der Mauerweg Richtung Nord-Osten zum Laßzinsee ab. Die Fahrt am Spandauer Forst entlang ist sehr geruhsam – das Hauptstadt-Feeling ist weit weg. Nach einigen Kilometern erreicht man dennoch wieder bewohntes Gebiet. Wir querten die Falkenseer Chaussee und die Trasse der Eichholzbahn. Ganz zügig gelangt man so zur großausgebauten und vielbefahrenen B5. Diese letzten Kilometer an der B5 entlang waren laut und nervig. Aber was solls: Unser Übernachtungsziel hieß Hotel Sperlingshof in Dallgow-Döberitz, hinterm Lärmschutzwall an der B5 war es wenigstens leise.

Berliner Mauerweg Laßzinsee
Aussichtsplattform am Laßzinsee

Militärische Vergangenheit

Kurz bevor wir den Sperlingshof erreichten, sahen wir auf der anderen Straßenseite einen Soldatenfriedhof der Roten Armee – der rote Stern thronte unübersehbar auf einer Gedenkstele. Leider hielt uns die vierspurige Bundesstraße von einem Besuch ab, aber am nächsten Tag sollten wir auf der „richtigen“ Straßenseite sein. Die Gegend rund um Döberitz hat sowieso eine ausgeprägte militärische Vergangenheit: die preußische Armee baute hier schon im 18. Jahrhundert einen Übungsparcours auf, 1910 kam ein Flugplatz hinzu, die Wehrmacht probte den Überfall auf Polen, später kam die Rote Armee und nutzte das riesiges Areal intensiv bis 1992. Der ehemalige Truppenübungsplatz ist heute ein ausgedehntes Naturschutzgebiet; der ehemalige Flugplatz wird von der Sielmann-Stiftung als Wildfreigehege für die wilden Przewalski-Pferde genutzt. Und nicht zuletzt ist der OT Dallgow durch das Olympische Dorf aus den 1930er Jahren bekannt. Heute liegt dieses im Dornröschenschlaf – und wartet auf potenzielle Investoren, die vermutlich eine rasante Projektentwicklung für Gutbetuchte vorantreiben könnten.

Berliner Mauerweg Falkenseer Chaussee
„Übergang“ Falkenseer Chaussee – in der Abend-Dämmerung

Unsere Unterkunft im Sperlingshof war praktisch und für einen kurzen Aufenthalt gut geeignet: Geräumige Zimmer, Terrasse bei schönem Wetter und ein guter Ausgangspunkt für Touren in die Umgebung oder nach Berlin. Hotels, bei denen man im Voraus zahlen muss, sind mir allerdings von jeher suspekt, weil sie anscheinend eine bestimmte Meinung über ihre Kunden und deren Zahlungsmoral haben. Da das Hotel kein Restaurant hat, muss man abends entweder zur Tanke an der Ecke oder etwas weiter ins eigentliche Städtchen gehen. Rund um den Dallgower Bahnhof wird man für jeden Geschmack und Geldbeutel fündig. Vorteil hier ist ebenfalls die gute und regelmäßige Bahnverbindung zum Berliner Hbf an der Invalidenstraße; Fahrzeit nur etwas mehr als 20 Minuten. Wir verdrückten mit viel Appetit ein ordentliches Rindersteak in der Casa Toro Negro – den Abschluss krönte ein richtig fettes Eis (man muss ja auch die Kalorien, die im Laufe des Tages verloren gehen, durch entsprechenden Nachschub wieder ausgleichen).

Zu Teil 2 geht es hier weiter.

Veröffentlicht in Allgemein

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