Highlights:
- Saale-Quelle
- Freiland Grenzmuseum Behrungen
- Jüdisches Leben auf der Rhön: Berkach
- Skulpturenpark Deutsche Einheit
Diese Etappe hatte es in sich, denn von Zimmerau bis Birx sind es knapp 95Km, die zum Glück überwiegend auf den leicht welligen Hügeln der Rhön gefahren werden. Hier konnte ich mir viele interessante Landmarken am Grenzstreifen entlang anschauen. Man passiert dabei u.a. die Saalequelle, Markt Trappstadt ist der Geburtsort des Gründers Marcus Goldman der I-Bank Goldman-Sachs, das Freiland-Grenzmuseum Behrungen, das Weltfriedenskreuz auf dem Dachsberg – und eine Schotterstrecke kurz vor Fladungen. Die Route folgt auch eine Weile dem Friedensweg entlang der Grenze.
Doch der Reihe nach: Die Wanderreiter vom Bayernturm sattelten morgens ebenfalls ihre Pferde, doch um 15 oder 16 Pferde einschließlich der ReiterInnen fertig zu machen, dauert es deutlich länger, als drei Packtaschen auf den Gepäckträger zu hieven, alles zu verzurren und sich dann zu trollen. Bei den Damen war eine der wichtigsten Fragen: Kann ich bei dir nochmal kurz aufs Klo gehen… Ich ließ es gemächlich angehen, zumal das Rad wie von alleine nach unten rollte.
Die Saale-Quelle
Nach ein paar Kilometern kommt man an die Saale-Quelle, die sanft plätschernd aus einem gemauerten Becken ihren nach Weg zur Elbe nimmt. Die Sonne brannte schon mächtig vom Himmel, obwohl es erst halb zehn war. Darum waren die schattenspendenden Bäume höchst willkommen. Danach kam ich durch Markt Trappstadt, dem Geburtsstädtchen von Marcus Goldman, dem Gründer von Goldman-Sachs. Ein hübscher Ort, der unweit der Grenze liegt. Weiter führte mich meine Route Richtung Nord-Westen.


Freilandmuseum Behrungen
Das Freilandmuseum in Behrungen ist ein Grenzturm und ein paar Meter der alten Grenzsicherung auf der DDR- wie auf der BRD-Seite. Das ist alles sehr plastisch, auch wenn der Begriff Museum bei mir andere Erwartungen hervorgerufen hatte. Vielleicht kostet dieses Museum deshalb keinen Eintritt. Durch das einfache Passieren der Grenze kann man sich abwechselnd als Wessi und Ossi fühlen. Ein Perspektivenwechsel soll ja bekanntlich das Verständnis für einander stärken.




Jüdisches Leben in Berkach
Die Reise folgte z.T. dem Grenzverlauf und bog nach der A 71 rechts in Richtung Berkach ab. Berkach hatte eine lebendige, jüdische Gemeinde bis zur Nazi-Zeit, wo einige Gemeindemitglieder 1933 noch das Glück hatten auszuwandern, die meisten jedoch in die Vernichtungslager gebracht wurden. Während des Faschismus und in der DDR-Zeit wurde die Berkacher Synagoge für die unterschiedlichsten Zwecke entfremdet. Das Gebäude hat allerdings nicht das Schicksal vieler anderer Synagogen während der Reichskristallnacht geteilt und blieb daher weitgehend erhalten. Zu Beginn der 90er Jahre wurde die Synagoge grundlegend restauriert und aufgebaut. Dann wurde sie im November 1991 als Gotteshaus wieder eingeweiht und dient heute auch als Erinnerungs- und Gedenkstätte für das jüdische Leben auf der Rhön.

Weltfriedenskreuz auf dem Dachsberg
Nach weiteren Kilometern zurück auf dem Friedensweg sah ich von weitem ein großes Kreuz auf einer leichten Anhöhe in direkter Nachbarschaft eines alten DDR-Grenzturms. Das ist eines von mehreren Weltfriedenskreuzen. Es wurde 1991 aufgestellt und mit einer großen Feier (inkl. Auftritt der Fischer-Chöre) eingeweiht, dann 20 Jahre später wegen seines schlechten baulichen Zustands abgebaut (darum liegt es neben dem neuen und dient als Sitzbank). 2014 entstand dann das jetzige 14 m hohe Kreuz auf dem Dachsberg. Auch das ist eine Station des Friedenswegs, der sich von Henneberg bis nach Birx über 40km erstreckt. Dieser ist gut ausgeschildert (mit einem blauen F auf weißem Grund) und man passiert 40 Hinweistafeln mit ausführlichen Informationen zur ehemaligen Grenze und besonderen Geschehnissen – sehr informativ, aber leider merkt man auch hier, dass dem Verein, der den Friedensweg initiiert und aufgebaut hat, die Puste (sprich: das Geld und die Mitarbeit) ausgeht – das wäre sehr schade!




Skulpturenpark Deutsche Einheit Eußenhausen
Als weiteres Highlight auf dem Grünen Band habe ich den Skulpturenpark Deutsche Einheit angesteuert. Er liegt am ehemaligen Grenzübergang Eußenhausen/Henneberg auf einem der Rhön-Rücken. Die „Goldene Brücke“ machte 1996 den Beginn. Inzwischen kamen immer weitere Kunstwerke – große und kleine – hinzu. Dieser Platz ist einerseits sehr imaginativ und abwechselnd gestaltet, auf der anderen Seite nagt der Zahn der Zeit an einigen der Kunstwerke. Aber möglicherweise gehört das auch dazu, dass Dinge vergänglich sind und in x-Jahren keine Bedeutung mehr haben – oder eine, die niemand mehr verstehen würde. Wichtig: keine Andenkenbude, keine Fritten, keine Postkarten – alles spricht dort für sich alleine.





Get your kicks on Route 66…
Bei den Stones heißt es in einem Song „get your kicks on route 66“ – bei mir lagen die kicks kurz vor Fladungen in Form von einer Schotterstein-Ansammlung auf einem nur leicht abschüssigen Waldweg. Erst stand das Vorderrad quer, dann horizontal und schließlich rutschte ich mit der linken Körperseite über diesen unangenehmen Bodenbelag. Dabei fungierten mein Ellenbogen und der Oberschenkel als Bremse. Nach zwei, drei Sekunden des Überlegens (man glaubt es kaum) schaute ich als erstes nach dem Material, also nach dem Fahrrad. Beim Mann schienen die nötigsten Vitalfunktionen ja nicht oder nur bedingt beeinträchtigt zu sein. Aber der Schreck kam doch einige Momente später, denn der Ellenbogen blutete so heftig, dass man sicher noch in zwei Wochen genügend DNA-Spuren von mir dort finden könnte. Ich versuchte, das Blut notdürftig mit dem Inhalt meines kleinen Erste-Hilfe-Sets zu stoppen und dabei möglichst wenig Dreck in die großflächigen Abschürfungen zu bringen.


Glück im Unglück – die dicken und schweren Packtaschen waren sicher mit Schuld für diesen unkontrollierten Schlenker, auf der anderen Seite stehen sie so weit vom Rad ab, dass sie wie Sturzbügel gewirkt haben – auch gut zu wissen.
Die Hausärzte in Fladungen: ungewollt, aber trotzdem dringend nötig
Dann habe ich Fladungen, dem nächsten Örtchen auf meiner heutigen Etappe, einen überraschenden Besuch abgestattet. Die freundlichen REWE-Mitarbeiterinnen fanden auf die Schnelle eine offene (!) Arztpraxis, wo meine Wunde gründlich gesäubert und gut verbunden wurde. Ich musste gar nicht auf den Arzt warten, sondern eine freundliche Mitarbeiterin hat das übernommen. Die haben ein interessantes System: mehrere Arztpraxen an unterschiedlichen Orten mit einem rollierendem System der anwesenden Ärzte. Somit kann ein größeres Gebiet einigermaßen effektiv abgedeckt werden. Übrigens: am folgenden Morgen war ich dann bei einem anderen Arzt, um noch einmal nachschauen zu lassen, weil die Wunde den Verband in der Nacht durchnässt hatte. Dieser Arzt-Kollege in Hilders war richtig angetan, wie gut die Wunde versorgt worden war. Und schickte mich mit einem neuen Verband und etwas Betaisodona-Salbe wieder meiner Wege. Alles in allem sehr angenehm.

Während meines Besuch in Fladunger Arztpraxis kam ein kräftiges Gewitter runter, so dass ich mir sagte: dieser Unfall kam gerade zur richtigen Zeit. Natürlich hätte ich mich auch woanders unterstellen können…
Aber ehrlich: Ich war froh, dass ich nur noch wenige Kilometer bis Birx fahren musste. Ich passierte das Schwarze Moor, welches ich mir ursprünglich anschauen wollte, aber die Umstände waren nicht danach. Kurze Zeit später traf ich in Birx in der Pension Dreiländereck ein; hier kommen die drei Bundesländer Thüringen, Bayern und Hessen zu einer Dreiecksspitze zusammen. Der Hotelier, Hr. Graf, hat viele Interessen rund ums Militärische und neben dem Hotelbetrieb sammelt er Uniformen, bietet Grenzwanderungen an und ist mit ganzem Herzen Birxer, was zur DDR-Zeit genau in die Sperrzone reinreichte. Ich habe mit ihm und eine Leipziger Wanderin sehr interessante Gespräche geführt. Dazu mehr im folgenden Beitrag.
Gute Nacht – die kam erst gegen 2 Uhr in der Früh, nachdem ich eine Ibu 600 eingeworfen hatte.
Bei Alsleben entspringt die Fränkische Saale, die dann bei Gemünden in den Main fliesst.
Zwei der drei Informationen sind 100% richtig, nämlich Fränkische Saale und Gemünden/Main. Die Saale wird aus zwei Quellen gespeist: der nördliche Quellfluss kommt aus Alsfeld (Trappstadt dürfte sogar noch etwas bekannter sein) und der südliche Quellzulauf entspringt in der Nähe von Obereßfeld. Bei Bad Königshofen vereinigen sich beide Flüsschen zur eigentlichen Fränkischen Saale.
… und natürlich hätte Mann sich auch unterstellen können, wenn er keinen Unfall gehabt hätte 😉
Wie immer schön und anschaulich geschrieben (also nicht nur der Unfall jetzt) Macht einfach Spaß zu lesen, auch deine Begegnungen mit den unterschiedlichen Menschen.
Danke für dieses freundliche Kompliment 🙂 Ich hoffe, dass der Esprit und Inspiration zum Schreiben nicht abhanden kommen…